Marburg kann für Abofallen Anwälte teuer werden

Ist es nun Beihilfe zum versuchten Betrug, wenn Anwälte massenhaft Forderungen aus Abofallen-Webseiten eintreiben oder nicht? Die Staatsanwaltschaft München I hatte vor wenigen Tagen ein entsprechendes Verfahren eingestellt. Laut der Staatsanwaltschaft lagen „keine hinreichenden Verdachtsmomente für eine Anklage“ vor. Das Urteil war mit einiger Kritik aufgenommen worden.

Lawblog schrieb dazu eher sachlich:

Auf 26 Seiten legt die Staatsanwaltschaft nach dem Zeitungsbericht dar, warum Katja Günther keine Beihilfe zum Betrug geleistet, nicht genötigt und auch nicht erpresst habe. Nach Auffassung der Strafverfolger habe Katja Günther nicht wissen können bzw. müssen, dass die geltend gemachten Forderungen unbegründet sind. Außerdem müssten Bürger einem “gewissen Druck” standhalten.

Auf Inter-Law konnte man dazu lesen:

Es mag durchaus sein, dass sich Rechtsanwältin Günther zu Beginn ihrer segensreichen Tätigkeit nicht wirklich bewusst war, dass sie sich mit ihrem Verhalten im strafrechtlich relevanten Bereich bewegen könnte. Wer sich allerdings mit dem Geschäftsmodell ihrer Mandanten wie Content Service Ltd. näher beschäftigt hat, wird um die Frage nicht herumkommen, ob man davon auch nach längerer Zeit, und vor allen Dingen nach all der Berichterstattung, nach den Strafanzeigen und Zivilverfahren, weiterhin ausgehen kann. Die Geltendmachung von Forderungen, von denen man, gerade als Jurist, wegen Kenntnis vom zugrundeliegenden Geschäftsmodell wissen muss, dass sie nicht bestehen, ist Betrug.

Die Diskussion dürften durch ein neuen Urteil des Amtsgerichtes Marburg neuen Nährstoff enthalten. Wie teltarif schreibt wurde hier ein Anwalt zu Schadenersatz verurteilt, der genau solche Abofallen-Forderungen eingetrieben hatte. Das Gericht sah darin Beihilfe zum versuchten Betrug. Aus dem Urteilstext:

Der Beklagte zu 2) hatte Kenntnis über die Aufmachung dieses Internetportals. Dem Gericht ist durch Juris und Internetrecherche bekannt geworden, dass der Beklagte zu 2) für seine Auftraggeberin, hier der Beklagten zu 1), in einer Vielzahl von anderen Fällen ebenso Ansprüche aus so zustande gekommenen Verträgen geltend macht. Der Beklagte zu 2) musste als Rechtsanwalt und Organ der Rechtspflege erkennen, dass er eine offensichtliche Nichtforderung für die Beklagte zu 1) geltend macht. Es kann ihm nicht vorborgen geblieben sein, bei der Bearbeitung der Vielzahl von gleichartigen Fällen, dass die Beklagte zu 1) den potentiellen Kunden auf das kostenlose Herunterladen von Programmen fokussiert um am Rand den auf weiteren Seiten unaufmerksamen Kunden in ein Abonnement mit zweifelhaftem Wert zu verstricken. Dass ein derartiges Vorgehen der Beklagten zu 1) von der Rechtsordnung nicht erwünscht ist, hätte dem Beklagten zu 2) offenkundig sein müssen.

Bei der Geltendmachung solcher Forderungen für Mandanten handelt es sich um Beihilfe zu einem versuchten Betrug, vgl. so auch AG Karlsruhe 9 C 93/09.

Wie bei Internet Law ist auch hier die Argumentation, dass der Anwalt hätte wissen müssen, dass die Forderungen nicht rechtmäßig sind. Ich weiß nicht inwieweit der fliegende Gerichtsstand auch für solche Fälle gilt aber wenn sich Opfer von Abofallen den Gerichtsstand aussuchen können dürfte Marburg bald eine teure Adresse für Anwälte in diesem Geschäft werden.

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