Derzeit scheint sich eine neue Form des Guerilla Marketings zu etablieren. Grundlage dafür ist das deutsche Urheber- oder Markenrecht auf der eine Seite und die Abneigung der Blogger gegen Abmahner auf der anderen Seite. Wer einen Blogger abmahnt kann sich derzeit der ungeteilten Aufmerksamkeit der anderen Blogger gewiß sein.
Mit einer Abmahnung schafft man mittlerweile recht einfach und kostengünstig den Eintrag in einen Vielzahl deutscher Blogs – auch wenn die Reaktionen nicht wirklich positiv sein dürften. Eventuell erinnert sich noch jemand an BörseVZ (mittlerweile online als BörseZV). Auch hier hatte man die Berichterstattung über die Abmahnung als Spinoff für die neue Plattform genutzt und damit eine Vielzahl von Medienreaktion bekommen.
Einen aktuellen Fall wie man Reaktionen im Blogbereich provozieren kann gibt es auch: Eva Schweitzer und ihre Abmahnung gegen den Blog nomnomnom.de. Um genau zu sein geht es um diesen Artikel der fast nur aus einem Zitat (wobei hier fraglich ist ob es sich wirklich noch um ein Zitat im Sinne des Urheberrechts handelt) besteht.
Laut eigenen Angaben ist Frau Schweitzer zufällig bei einer „Schleppfahndung“ über den Artikel gestolpert und hätte in diesem Zuge einige Drohbriefe per Anwalt verschicken lassen. Der Abgemahnte reagierte darauf, indem er die Geschichte an den Blog Spreeblick weitergab und von dort verbreitete sich das Ganze unter den Bloggern. Selbst in prominenten Blogs (Stefan Niggemeier) ist das Thema mittlerweile vertreten.
Was jetzt noch fehlt ist das Marketing. Frau Schweitzer kommuniziert ebenfalls in einem Blog und weist in ihren Beiträgen regelmäßig auf ihr neues Buch hin. Ihre aktuellen Beiträge zu dem Thema (drei Stellungnahmen zu ihrer Sicht der Dinge) bekommen so eine Menge Aufmerksamkeit und leiten diese recht geschickt auf das eigene Buchprojekt weiter. Mit einem kleinen Budget und einem Anwalt kann man so mehr mediale Aufmerksamkeit generieren als mit einer eigenen Marketingagentur.
Bemerkenswert in dem Fall Schweitzer ist, das hier das Bloggerinteresse noch zusätzlich geschürt wird, in dem man die übliche Vorurteile geschickt bedient. Der Fall ist an sich nicht so spannend wie andere Abmahnungen (zum Beispiel Jack Wolfskin) weil hier die David-Goliath Komponente fehlt. Als Ausgleich gibt es einige geschickte Provokationen die sich perfekt eigenen um Empörung im Blogger-Lager auzulösen. Ein paar Beispiele:
Die Kosten für eine Abmahnung sind nicht deshalb so hoch, weil ich mir damit goldene Wasserhähne legen lasse, sondern weil davon die Schleppnetzfahnung und der Anwalt bezahlt werden. Und meine Wohnung in New York, denn wenn ich die nicht hätte, könnte ich dort keine Artikel schreiben, aus denen Blogger anschließend abpinnen können. (Quelle)
Abmahnungen mit denem man Geld verdient um damit die Wohnung in NewYork bezahlen zu können? Schlimmer könnte man das Vorurteil „professionelle Abmahnung“ nicht bedienen.
Nachdem ich aber unmöglich dem Druck eine Horde wutschnaubender Möchtegernpiraten nachgeben kann, die ihre Nächte im Schlafanzug vom dem Computer verbringen, habe ich mir nun ein neues Angebot überlegt (Quelle)
Das „Nerd“-Vorurteil.
Das Geld geht doch nicht an die taz, du Trollo
(Quelle)
Noch ein paar persönliche Beleidigungen um das Ganze auch recht lange am Kochen zu halten.
Letztendlich bekommt man damit recht schnell Blogposts und wütende Reaktionen zum Nulltarif. Allerdings kann dies auch negative Folgen haben. So gibt es bei Amazon die Möglichkeit, Leserrezensionen zu schreiben. Diese Form der Kommunikation wird natürlich früher oder später auch von Personen genutzt die eventuell durch die Abmahnung negativ gestimmt sind und dies dann auch in den Rezensionen durchblicken lassen. So gab es für das Buch von Frau Schweitzer gestern abend bereits eine weitere negative Bewertung (ein Stern, geschrieben am 30.10.) die aber am heutigen Tag nicht mehr vorhanden ist.
Abmahm-Marketing kann also auch Probleme verursachen, wenn man in erster Linie über Web 2.0 Plattformen die eigenen Produkte präsentiert. Leid tut es mir vor allem für die eventuell abgemahnten Blogger, die derzeit (und vielleicht auch noch in Zukunft) für die Marketing-Akionen herhalten müssen.
Wirklich schlechte PR gibt es eigentlich nicht. Immerhin wird die gute Frau damit bekannt. Als Firma kann man sich so natürlich den Ruf versauen (siehe Jack W.), aber die „Kleinen“ profitieren eher, da sie keinen nennenswerten Ruf haben.
Bin gespannt wie lange der Abmahn-Wahn noch weiter geht. Das ganze Verfahren war doch (mMn) nie für den privaten Gebrauch gedacht.